Laatzener Radsportgruppe besucht die Partnerstadt Gubin 2016 mit dem Fahrrad
Von Rüdiger Janecke, radwege-laatzen.de
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Einleitung
Um die Partnerschaft der Städte Gubin und Laatzen insbesondere auf der Basis
"Bürger treffen Bürger" zu intensivieren, hatte sich eine Gruppe von
Radfahrerrinnen und Radfahrern aus
Laatzen entschieden, die Stadt Gubin zum Frühlingsfest an der Neiße
vom 2. bis 6. Juni 2016 mit einer Gruppe mit dem Fahrrad zu besuchen.
Über das Rathaus Gubin wurden Kontakte zum dortigen Radsportverein
Gubiński Klub Rowerowy "Luz"
(polnisch für: Freizeit, Gelassenheit, Unbeschwertheit)
⇒[ pttk.gubin.com.pl ]
und zu dessen Präses
Kazimierz Walaszko
geknüpft
(polnisches "Luz" für: Freizeit, Gelassenheit, Unbeschwertheit).
Mit den Radfahrer/-innen von "Luz" wurde geplant, die Umgebung von Gubin und
Guben per Rad zu erkunden.
Guben (die deutsche Seite) und Gubin feiern das Frühlingsfest seit
vielen Jahren gemeinsam; beide Städte sind freundschaftlich und eng miteinander
verbunden.
Da die Entfernung Laatzen - Gubin ca. 400 km beträgt, sollte ein Großteil
der Strecke (bis Berlin) mit dem Zug überwunden werden und durch das Gebiet
der Spree nach Gubin geradelt werden. Alle Übernachtungsmöglichkeiten in
diesem beliebtem Gebiet waren im fraglichen Zeitraum allerdings schon früh
ausgebucht; sodass wir die gesamte Strecke bis Gubin mit dem Zug
mit zweimaligem Umsteigen zurücklegen mussten. Selbst die Strecke von
Cottbus bis Guben (ca. 55 km) konnten wir nicht mit dem Rad zurücklegen,
da wir aufgrund der Beförderung eines Tandems (erhöhter Platzbedarf im Zug)
einen sehr späten Zug nehmen mussten.
Zusammengefunden für die Radreise haben sich fünf
Teilnehmer/innen;
darunter ein Sehbehinderter mit seinem Piloten (die Tandemfahrer).
Aus Berlin kam noch eine weitere Teilnehmerin hinzu.
Übernachtet haben wir in Guben (der deutschen Seite), da in Gubin zurzeit
des Frühlingsfestes alles ausgebucht war.
Donnerstag, 2. Juni - die Bahnfahrt nach Gubin (Radstrecke: 19 km)
Um 09:00 Uhr werden wir vom Laatzener Bürgermeister
Jürgen Köhne verabschiedet.
Der Bürgermeister gibt uns noch Laatzener Fähnchen, Flickzeug und
Stärkungsriegel mit auf dem Weg.
Sogar die Lausitzer Nachrichten berichteten darüber
⇒[
hier ansehen
]
Mit einem sicheren Zeitpuffer sind wir am Hauptbahnhof Hannover und pünktlich
um 11:21 Uhr startet der IC 141 nach Berlin, nachdem wir unsere Räder im
Fahrradabteil untergebracht haben. Das Umsteigen in Berlin-Spandau (nicht wie
ursprünglich geplant Berlin-Ostbahnhof) geschieht problemlos auf demselben
Bahnsteig in den Regionalzug nach Cottbus.
In Cottbus (einem "fürchterlichen" Bahnhof) müssen wir den Anschlusszug ziehen
lassen. Nach einer Stunde kommt der nächste Zug. Da es ein Regionalzug ohne
Fahrradreservierung ist und auch jede Menge Platz für Räder vorhanden ist,
haben wir mit den Rädern kein Problem.
Um 16:43 erreichen wir Guben und nach ca. 3 km Radfahrt unsere Unterkunft, die
Hotelpension Klinger.
Freitag, 3. Juni - zum Braunkohletagebau Jänschwalde und Paddeltour auf der Neiße
(Radstrecke: 51 km)
Wir radeln zum verabredeten Treffpunkt am polnischen Touristik-Büro PTTK Gubin
in der Straße Obrońców Pokoju Nr. 18 und treffen dort um 09:00 Uhr
mit einem "dzień dobry" Kazimierz Walaszko und eine Gruppe Radler vom
Gubiński Klub Rowerowy "Luz",
die uns freudig willkommen heißen. Ein jüngeres Mitglied der Gubiner Gruppe
übersetzt; bei den gesetzteren Mitradlern ist die deutsche Sprache nicht sehr
verbreitet und wir kommen mit unserem auf die Schnelle einstudierten "dzień dobry",
"dzięki" und "proszę" ("guten Tag", "danke" und "bitte") auch nicht sehr weit.
Kazimierz erklärt die heutige Tour
⇒[
hier ansehen
]
Auf der asphaltierten Krone des Deiches der Neiße radeln wir auf der deutschen Seite
in Richtung Süden. Hier haben wir eine gute Aussicht auf die
typische Landschaft dieses Gebiets: eine weite Wiesenlandschaft, die von Baum- und
Buschstreifen unterbrochen wird.
Teils verläuft der Weg etwas versetzt vom Deich. Bäume und
Buschwerk bieten Schatten.
Die Sonne scheint, am blauen Himmel bilden ein paar weiße Wolken Kontrast.
So macht Rad fahren Spaß ⇒[ sinnliches Vergnügen
]
.....⇒[ und weiter so
]
Wir erreichen das Wasserwerk (Wasserkraftwerk) Grießen, das an einem parallel
zur Neiße geführten Kanal liegt.
Das Wasserwerk wurde 1927 bis 1929 erbaut, 1945 zerstört, von 1945 bis 1948
wieder aufgebaut, dann 1976 stillgelegt (einschließlich Verschrottung des
maschinentechnischen Teils), dann 1992 wieder reaktiviert und seit 1993 wird
wieder umweltfreundlich Energie erzeugt. Die abgegebene Leistung liegt je nach
vom Wasserstand abhängiger Nutzfallhöhe von 3,5 bis 3,8 m bei 459 bis 536 kW
(entsprechend 624 bis 728 PS und bis zu 5360 100-Watt-Glühlampen)
bei 750 U/min.
Wir kommen durch den Ort Grießen und erreichen an dessen Ende einen
Aussichtspunkt am Tagebau Jänschwald, der sich über Kilometer vor uns ausdehnt.
Beeindruckend!
In Sichtweite legen zwei riesige Schaufelbagger die Kohleflöze auf 60 m Tiefe frei
und eine 600 m lange fahrbare Brücke (Bühne) überspannt die Gruben, um den Abraum
weiter weg wieder abzulegen. Darunter sind ein paar "kleinere" Schaufelbagger damit beschäftigt,
die Kohle abzugraben und auf ein Förderband abzulegen.
Am Horizont steht ein mächtiges Kraftwerk mit seinen Kühltürmen und erzeugt Strom.
Ansicht des Tagebaus Jänischwald⇒[ hier ansehen
]
Für den Nachmittag verabreden wir uns zu einer Paddeltour auf der Neiße.
In der Zwischenzeit wollen Kazimierz und sein Sportkamerad (der für uns
als Übersetzer
fungiert) am Turmlauf, am Lauf auf den Turm der Gubiner Stadt- und Hauptkirche
anlässlich des Frühlingsfestes teilnehmen.
Zur Paddeltour starten wir von der Theater-Insel. Kazimierz sorgt für eine sichere
Abstellmöglichkeit der Räder. Wir erfahren dann von ihm, dass er beim Turmlauf eine
Medaille errungen hat - ebenso unser "Dolmetscher".
Die Neiße ist hier gut 30 m breit; d.h. etwas breiter als die Leine bei Laatzen.
Wir paddeln in Doppelsitzern stromabwärts in Richtung Norden zur Mündung in die
Oder. Die Strömung treibt die Boote voran. Wir unterstützen das Vorankommen mit den Paddeln.
Das Ufer ist mit Büschen dicht bewachsen.
Ein paar kleine, völlig ungefährliche Stromschnellen tauchen den Bug der Boote etwas
ein und lassen so etwas Wasser ins Boot schwappen. Das bringt uns einen nassen Hosenboden.
Trotzdem ist es eine schöne Abwechslung zum Rad fahren und wir sehen die Neiße und
die Landschaft aus einer völlig anderen Perspektive.
Nach ca. 15 km und ca. 2 1/2 Stunden Paddeln erreichen wir die Anlegestelle zum Aussteigen -
ca. 100 m vor der Einmündung in die Oder.
Ein Bus mit Anhänger bringt uns und die Boote wieder zurück nach Gubin.
Ein Bild von der Paddeltour ⇒[ hier ansehen
]
Sonnabend, 4. Juni - Frühlingsfest- Umzug und Sehenswürdigkeiten von Gubin und Umgebung per Fahrrad
(Radstrecke: 24 km)
Wir treffen uns um 09:00 Uhr mit den Kameraden des Radsportclubs "Luz" wieder am Touristik-Büro
PTTK Gubin, um uns für den Umzug zu sammeln.
Der Laatzener Bürgermeister Jürgen Köhne, der mit einer Delegation ebenfalls
nach Gubin angereist ist, begrüßt uns und erkundigt sich nach dem Verlauf unseres Besuchs der
Partnerstadt Gubin.
Die Radlerinnen und Radler des Radsportclubs "Luz" und
von Laatzen fahren zum Eingliedern in den Umzug.
Dort bereitet sich eine fast unüberschaubare Menge von Teilnehmern für die Aufstellung und
den Abmarsch zum Umzug vor. Die ganze Doppelstadt Gubin und Guben scheint auf den Beinen
zu sein. Vereine aller Arten, Schulen und Institute beteiligen sich. Auffällig ist die hohe Anzahl
der sich beteiligenden Kinder, die mit viel Spaß dabei sind. Viele Kinder haben Kostüme an:
man sieht Möhren, Fliegenpilze, Bienen und vieles mehr.
Das kann man ⇒[
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]
Der Umzug beginnt und wir, die Radfahrer,
reihen uns langsam radelnd hinter einem Hundeverein ein.
Es geht durch ein dichtes Spalier winkender Menschen. Freundliche Zurufe kommen von allen Seiten.
Aufmerksam wird unsere Gruppe aus Laatzen registriert und das Wort "Laatzen" ist öfters zu hören.
Ein Bild vom Umzug ⇒[ hier ansehen
]
Am Nachmittag starten wir mit dem Radsportclub "Luz" zu einer
Besichtigungstour durch Gubin und Umgebung.
Ausführlich werden uns die geschichtsträchtigen Bauwerke aus dem Mittelalter wie der Werderturm,
die in Fragmenten vorhandene Stadtmauer, die sagenumwobenen Sühnesteine erklärt.
Die Rundfahrt geht aus Gubin hinaus in ein kleines Wäldchen zu einem Gedenkstein des
Dörfchens Schmachtenhayn (Schmachtenhagen), das 1429 von den Hussiten (eine reformatorische und
revolutionäre Bewegung um Jan Hus) zerstört wurde.
Weiter geht es in den Ort Sekowice zu einer achteckigen Holzkirche aus dem 17. Jahrhundert
und einem Turm einer ehemaligen Schutz- und Wehranlage etwas außerhalb des Ortes.
Die achteckige Holzkirche ⇒[
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]
Wir passieren dann die ehemalige Grenzübergangsanlage, die durch das Schengener Abkommen
überflüssig geworden ist und leersteht.
Zurück geht es nach Gubin zum Rathaus und zur Stadt- und Hauptkirche neben dem Rathaus.
Die spätgotische Stadt- und Hauptkirche (1294 erstmals urkundlich erwähnt) gehört zu den
imposantesten Bauwerken von Gubin.
Die Kirche wurde durch Kampfhandlungen am Ende des 2. Weltkriegs zerstört
und steht als Ruine und gleichzeitig als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung.
Der Turm ist von innen über Treppen begehbar. Wir nehmen die Anstrengung des Aufstiegs auf
uns und werden durch einen unvergleichlichen Blick auf Guben und Gubin und das
Umland belohnt.
Die Stadt- und Hauptkirche mit dem Rathaus ⇒[ hier ansehen
]
Zum Abschluss geht es noch auf die Theater-Insel.
Sie erhielt ihren Namen duch ein Theater aus dem Jahr 1874 mit einer klassizistischen Fassade,
das den den Zweiten Weltkrieg überstand, wurde jedoch am 23. September 1945 von Brandstiftern
angezündet. Heute erinnert ein neu aufgebautes Eingangsportal mit originalen Säulenresten an
das Bauwerk.
Ein etwas entfernter Säulenstumpf erinnet an Goethes Muse Corona Schröter,
die 1751 in Guben geboren wurde.
An einem Wegesrand ist eine vergrößerte Holznachbildung des Goldfisches von Vettersfelde
errichtet. Das Original ist ein Teil des 1882 in Vettersfelde unweit von Guben gefundenen
skythischen Goldschatzes, der sich heute in einem Berliner Museum befindet.
Zum Abendessen haben uns die Mitglieder des Radsportclubs "Luz" in ihr Vereinsheim
im Gebäude des Touristik-Büros PTTK eingeladen.
Ein sehr großes und vielfältiges Angebot an Speisen und Getränken ist vor uns aufgebaut.
Es ist so viel, dass wir nur von jedem etwas probieren können.
Zu uns gesellen sich noch Mitglieder eines polnischen Fahrradclubs aus Berlin, die
eine Wochenendradtour an Neiße und Oder unternommen haben.
Ein schöner Abend mit fröhlicher, ausgelassener Stimmung, der in Erinnerung bleibt.
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]
Sonntag, 5. Juni - Radtour nach Neuzelle (Radstrecke: 65 km)
Es ist wieder ein herrlicher Tag mit viel Sonne, als wir mit dem Radsportclub "Luz"
und dem Berliner Radsportclub nach Neuzelle aufbrechen.
Neuzelle liegt etwas abseits der Oder und ist bekannt durch sein Kloster.
Wir radeln auf der rechten Seite der Neiße auf einem Radweg entlang einer
Straße, die größtenteils durch einen Bestand von Kiefern führt.
Kurz vor Zytowan überqueren wir die Neiße in Richtung Coschen und radeln
auf der Deichkrone der linken Seite der Neiße.
Bei Ratzdorf erreichen wir die Einmündung der Neiße in die Oder und kehren in die
Gaststätte "Oderblick" ein.
Als wir den Oderdeich in Richtung Neuzelle verlassen, erwischt uns ein kurzer,
leichter Schauer. Es sollte der Einzige auf dieser Radreise bleiben.
Das Kloster Neuzelle (Nova Cella) war eine in der Niederlausitz gelegene Abtei des
Ordens der Zisterzienser. Sie wurde im 13. Jahrhundert vom Haus Wettin gegründet.
Die Klosterkirche ist heute Pfarrkirche der römisch-katholischen Kirchengemeinde des
Ortes Neuzelle. Im Neuzeller Klosterbräu wird noch nach der Brautradition der
Zisterzienser Bier gebraut.
Die Ankunft an der Klosterkirche Neuzelle ⇒[
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]
Nach einer Besichtigung der Kirche und einer Pause mit Klosterbier startet der
Berliner Radsportclub in Richtung Frankfurt/Oder und wir zurück nach Guben.
Auf dem Rückweg gibt es im "Oderblick" Kaffee und Käsekuchen.
Und auf dem weiteren Rückweg werden launig polnische und deutsche Wanderlieder
angestimmt:
[ hier ansehen ]
Ein Blick auf die Oder ⇒[ hier ansehen
]
Montag, 6. Juni - Radtour zum See Borek (Radstrecke: 54 km)
Der See Borek liegt eingebettet in Wälder ganz in der Nähe der Einmündung von der Neiße
in die Oder beim Ort Kosarzyn.
An der Nordseite befinden sich ein Freizeit- und Badezentrum mit Übernachtungsmöglichkeit,
sowie ein Restaurant.
Wieder nehmen wir die Straße rechts von der Oder durch die Kiefernwälder -
aber über den Ort Zytowan hinaus.
Es ist ruhig hier. Wir hören nur den Wind in den Bäumen und das Gezwitscher der
Vögel. Radelgenuss pur. Ganz selten kommt mal ein Auto vorbei; dafür schon mal Radfahrer -
auch Fernradfahrer mit Gepäck, die wohl den gesamten Fernradweg Oder/ Neiße erradeln.
Nach einer Pause im Restaurant am See geht es zurück nach Gubin und Guben.
Dienstag, 7. Juni - Rückfahrt mit dem Zug (Radstrecke: 19 km)
Diesmal geht es über Fankfurt/Oder (Umsteigen), Berlin und Magdeburg (Umsteigen).
Im Zug haben wir viel Zeit für Erinnerungen an die schöne Zeit in Gubin/ Guben.
Danke, liebe Radelfreunde vom Radsportclub "Luz" Gubin.
Fazit
Die Radreise nach Gubin war eine sehr interessante und wertvolle Erfahrung.
Einmal war es gelungen, den direkten Kontakt von Bürger zu Bürger zu leben -
zum anderen haben wir sehr liebenswerte Menschen kennengelernt und wieder festgestellt,
dass Rad fahren insbesondere in der Natur verbindet und man sich auf Anhieb
versteht.
Auch war es sehr hilfreich, mit dem Rad anzureisen und es dabei zu haben.
Dadurch waren wir in der Doppelstadt sehr beweglich und auch nur so konnten wir
einige Sehenswürdigkeiten überhaupt zügig, umweltfreundlich und günstig
erreichen. Damit hat sich die Nützlichkeit des Radverkehrs und seine
Förderungsnotwendigkeit wieder einmal bewiesen.
Zum Frühlingsfest waren übriges sehr viele Besucher mit dem Fahrrad gekommen.
Es waren Bügel für die Räder aufgestellt und weitere Räder waren an einen Zaun angelehnt.
Zwar angeschlossen, aber Angst wegen eines Diebstahls schien niemand zu haben.
P.S.: Übrigens, in Gubin/ Guben gibt es an einigen Stellen noch das richtige,
haltbare Kopfsteinpflaster, aber die Übergänge von Fahrbahn auf die Radwege
sind ganz glatt ohne einen jeden Absatz ausgeführt.
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